Es geht los – in Rendsburg soll der Muezzin plärren

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Lange war es ruhig um die größte Moschee in Schleswig-Holstein. Jetzt droht sich in Rendsburg ein Konflikt zu entfachen. Anwohner wollen mit allen Mitteln den Ruf des Muezzin verhindern.

Noch bevor der Muezzin das erste Mal gerufen hat, wird es richtig laut rund um die Rendsburger Moschee. An der Spitze des Protests zwei Anwohner: Volkhard von Bonin und Hubert Scheiding wollen dem Muezzin den Mund verbieten. Mit einer Unterschriften-Sammlung soll die Rendsburger Verwaltung zu einem Verbot des mehrmals täglich geplanten öffentlichen und lautsprecherverstärkten Gebetsrufes gedrängt werden. “Der Anspruch zur freien Religionsausübung ist mit dem Bau der Moschee bereits voll erfüllt”, sagten sie bei einer Pressekonferenz zur Ankündigung ihrer Aktion. Sollte diese scheitern, ziehen sie auch eine Klage in Erwägung.

Dass ihr Protest nach Auskunft der Verwaltung keine Aussicht auf Erfolg hat, bringt Bonin und Scheiding ebenso wenig von ihrem Vorhaben ab, wie die mahnenden Worte des Rendsburger Propstes Kai Reimer. Dieser hatte die Initiatoren nach einem Bericht des sh:z aufgefordert, ihre Aktion ruhen zu lassen und ein Gesprächsangebot des Islamischen Zentrums Rendsburg anzunehmen, um einen Kompromiss zu finden.

Doch die Muezzin-Gegner halten weiter an ihrer Aktion fest. Erst nachdem sie ihr Ziel von rund 1000 Unterschriften erreicht haben, wollen sie sich auf einen Dialog mit dem Islamischen Zentrum einlassen. Die rund 100 Mitglieder starke Gemeinschaft lässt schon seit knapp zehn Jahren die wie aus Tausend und einer Nacht wirkende Moschee auf der Stadtgrenze von Rendsburg zu Büdelsdorf bauen. Ärger hat es nach Auskunft eines Sprechers dabei noch nie gegeben. “Wir sind bemüht, unsere gute Nachbarschaft weiter zu pflegen”, reagierte der Sprecher auf die Unterschriften-Sammlung. Man sei gesprächs- und kompromissbereit.

Breitner: “Kein Ermessensspielraum”

Wann der Ruf des Muezzin erstmals über den beiden Städten am Nord-Ostsee-Kanal erschallt, ist noch völlig ungewiss. Dazu muss das Islamische Zentrum ein Lärmgutachten in Auftrag geben. Doch für die rund 2500 Euro teure Expertise fehlt momentan das Geld. “Wir haben andere, wichtigere Dinge, die angeschafft werden müssen”, betonte der Sprecher nochmals, dass der öffentliche Gebetsruf keine gehobene Priorität habe.

Allerdings hat das Islamische Zentrum grundsätzlich schon den Wunsch, dass eines Tages der Ruf des Muezzin vom 26 Meter hohen Minarett erschallt. Höchstens wäre das fünfmal am Tag für jeweils rund drei Minuten der Fall. “Bislang gab es für uns keinen Grund, dies nicht zu tun”, sagte der Sprecher. So lange sich der Ruf in dem vom Gutachten vorgegebenen gesetzlichen Rahmen bewege, spreche eigentlich auch nichts dagegen. “Von Widerstand hören wir jetzt das erste Mal. Wir sind aber bereit, uns mit unseren Nachbarn zusammenzusetzen, um einen Kompromiss zu finden.”

Bei der Stadt Rendsburg ist man über die Protest-Aktion verwundert. Bürgermeister Andreas Breitner verweist auf die in Artikel 4 des Grundgesetzes verankerte Religionsfreiheit und betont: “Aus meiner Sicht gibt es für uns keinen Ermessensspielraum.”

Bürgermeister will nun vermitteln

Der Bürgermeister will nun zwischen den Gruppen vermitteln. Denn nachdem Bonin und Scheiding sowie ihre nach eigenen Angaben Handvoll Mitstreiter zunächst zu keinem Gespräch bereit waren, haben sie sich inzwischen umentschieden. Unter Moderation durch die Stadt Rendsburg sind sie nun bereit, sich mit den Vertretern des Islamischen Zentrums an einen Tisch zu setzen. Allerdings erst, wenn die Unterschriften-Sammlung abgeschlossen ist und auch das Ergebnis des Lärmgutachtens vorliegt. Und das wird nach Auskunft des Islamischen Zentrums noch auf sich warten lassen. “Wir können noch nicht sagen, ob wir es überhaupt noch in diesem Jahr in Auftrag geben”, so der Sprecher.

In den nächsten vier Wochen wird mit Sicherheit noch nicht die bisher bekannte Ruhe wieder rund um die Moschee einziehen. Denn so lange wollen die Muezzin-Gegner auf Unterschriftenfang gehen. Dass sie dabei auch viele Stimmen von Menschen sammeln, die eigentlich gar nicht vom Lärm betroffen wären, sondern nur ihren Unmut mit dem Islam zum Ausdruck bringen wollen, nehmen sie in Kauf. Bereits die Kommentare auf shz.de zur die Berichterstattung in der zurückliegenden Woche haben gezeigt, dass sich die meisten nicht mit dem Muezzin, sondern mit dem Islam im Allgemeinen befassen. Dort werden die Mitglieder des Islamischen Zentrums teilweise als “Islamisten” verunglimpft.

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